Personenstand und Ausländerwesen
Flüchtlingskrise: Unterbringungsschwierigkeiten aufgrund anhaltender Flüchtlingszahlen
Der immense Zustrom von Flüchtlingen aus der Ukraine, der Türkei, aus Afghanistan und aus vielen anderen Staaten stellte die Ausländerbehörde im Jahr 2023 erneut vor große Herausforderungen.
Unterbringung von Flüchtlingen aus der Ukraine
Der Landkreis ist seit Anfang des Ukraine-Krieges verpflichtet, Flüchtlinge aus der Ukraine aufzunehmen. Die Zahl der registrierten und noch im Landkreis lebenden ukrainischen Flüchtlinge beträgt 1.779 (Stand: Ende 2023).
Nach kurzfristiger Vorankündigung mussten im Jahr 2023 insgesamt neun Reisebusse in der Notunterkunft in Marktoberdorf (ehemaliges Impfzentrum) in Empfang genommen werden. Einen großen Aufwand bedeutete die anschließende Erfassung, Registrierung sowie Dokumentenprüfung. Die Geflüchteten erhielten im Anschluss daran Fiktionsbescheinigungen und Aufenthaltstitel. Die ersten Ankömmlinge konnten noch relativ schnell aus dieser Notunterkunft an private Vermieter vermittelt werden. Dies war jedoch nur möglich, weil durch außergewöhnliches Engagement immer wieder neuer Wohnraum generiert werden konnte. Mit jeder weiteren Busankunft gestaltete sich die Vermittlung von Wohnraum aber schwieriger. Inzwischen ist die Notunterkunft dauerhaft belegt, es müssen zusätzlich Turnhallen bereitgestellt werden und Flächen für Containerlösungen werden im ganzen Landkreis gesucht.
Zuweisungen von Asylbewerbern – Nachverdichtung
Neben der weiterhin hohen Zahl an aufzunehmenden Ukrainern verzeichnete die Ausländerbehörde einen sehr starken Zustrom an Asylbewerbern aus den klassischen Herkunftsländern Afghanistan, Syrien, Türkei und Irak. Spätestens seit August 2023 erfolgten die Zuzüge ins Ostallgäu im Rahmen sogenannter Zwangszuweisungen, was die Ablehnung der Aufnahme neuer Asylbewerber praktisch unmöglich machte. So wurden seit Mitte Juli 2023 über 400 Personen im Landkreis Ostallgäu untergebracht. Da die Kapazitätsgrenzen der Unterkünfte bereits Mitte des Jahres nahezu ausgeschöpft bzw. schon überschritten waren, konnte die Unterbringung der Personen schlussendlich nur noch durch eine erhebliche Überbelegung der Unterkünfte (die Auslastung liegt derzeit bei etwa 125 %) im Rahmen der durch die Regierung von Schwaben dringend angeratenen Nachverdichtung der Asylunterkünfte erfolgen.
Die Akquise neuer Asylunterkünfte konnte ab Herbst 2023 im Vergleich zu den Neuzuweisungen endgültig nicht mehr Schritt halten und vermochte die prekäre Situation keineswegs zu entspannen, weshalb Ende Oktober 2023 eine erste Turnhalle für die Belegung vorbereitet werden musste und auch dann Anfang November 2023 mit Flüchtlingen belegt wurde. Das BRK Kreisverband Ostallgäu übernahm dabei die Versorgung der Flüchtlinge für die ersten Tage und externe Dienstleister sorgten für die Betreuung und die Sicherheit vor Ort. Daneben stellte der Landkreis auch das Tagungshaus in Eschers zur Verfügung, dieses wurde ebenfalls Anfang November 2023 mit 23 Flüchtlingen aus der Ukraine belegt.
Landratsamtsparkplatz: Zelt als vorübergehende Flüchtlings-Unterkunft
Zur temporären Unterbringung von Flüchtlingen hat das Landratsamt auf seinem Westparkplatz im Dezember 2023 ein Zelt aufgestellt, das seit 16. Januar 2024 belegt ist. Für das Zelt – wie auch für die Notunterkunft in der Berufsschulturnhalle in Marktoberdorf – wurde ein ständiger Sicherheitsdienst engagiert. Nach bisheriger Erkenntnis gibt es hier aber keine Sicherheits- und sonstigen Probleme.
„Marktoberdorf hat bereits eine große Anzahl an Flüchtlingen aufgenommen“, sagt Landrätin Maria Rita Zinnecker. „Diese Möglichkeit nutzen wir nur, weil die zu uns geschickten Menschen ansonsten auf der Straße stehen würden. Wir werden alles dafür tun, diese Notunterkunft so schnell wie möglich wieder aufzulösen.“
Hintergrund der Errichtung dieser weiteren Notunterkunft für Flüchtlinge sind die anhaltenden Zuweisungen durch die Regierung von Schwaben. Da die zugewiesenen Menschen ansonsten von Obdachlosigkeit bedroht sind, musste das Landratsamt auf weitere schnell verfügbare Liegenschaften zugreifen – jetzt auch auf den eigenen Parkplatz.
Chancenaufenthaltsrecht und Aufenthaltsbeendigung
Mit der Einführung des sogenannten „Chancenaufenthaltsrechts“ Ende des Jahres 2022 gingen bei der Ausländerbehörde eine Vielzahl von Anträgen auf Erteilung einer entsprechenden Aufenthaltserlaubnis ein, was die ohnehin schon überdurchschnittliche Arbeitsbelastung nochmals erhöhte. 48 Personen konnte die Aufenthaltserlaubnis „auf Probe“ erteilt werden. Die Anträge der anderen Personen mussten insbesondere aufgrund erheblicher Straffälligkeit und langwierigen Untertauchens abgelehnt werden.
Aufgrund der hohen Arbeitsbelastung konnte die Ausländerbehörde – teilweise in Zusammenarbeit mit der Zentralen Ausländerbehörde Schwaben (ZAB) – insgesamt 29 (Dublin-)Abschiebungen organisieren und davon wegen Untertauchens der Betroffenen lediglich elf erfolgreich durchführen. Auch konnte die Ausländerbehörde im Jahr 2023, z. T. in Zusammenarbeit mit der Zentralen Rückkehrberatung Südbayern (ZRB), 15 vollziehbar zur Ausreise verpflichtete Personen von einer freiwilligen Ausreise in das entsprechende Heimatland überzeugen.
Ebenfalls wegen massiver Straffälligkeit wurden acht Ausweisungsverfahren gegen ausländische Intensiv- und Mehrfachstraftäter angestrengt, wobei bis dato vier erfolgreich mit einer Abschiebung in den jeweiligen Herkunftsstaat beendet wurden und bei den übrigen Haftfällen eine Freigabe zur Rückführung seitens der Staatsanwaltschaft noch aussteht. Auch konnte die Ausländerbehörde zwei der eingegangenen Anträge auf Aufenthaltserlaubnis, welche durch abgelehnte Asylbewerber gestellt wurden, ebenfalls wegen begangener Straftaten negativ verbescheiden.
124 Einbürgerungsverfahren erfolgreich abgeschlossen
Der Wunsch auf Erwerb der deutschen Staatsangehörigkeit und damit das Interesse an einer Einbürgerung in die Bundesrepublik Deutschland ist bei den im Landkreis Ostallgäu dauerhaft lebenden Ausländern nach wie vor vorhanden.
Insgesamt haben im Jahr 2023 403 Personen Antragsunterlagen angefordert und übersandt bekommen. 124 Einbürgerungsverfahren konnten im Jahr 2023 erfolgreich abgeschlossen werden. Des Weiteren wurden 21 Einbürgerungszusicherungen erteilt, damit das Entlassungsverfahren aus der ausländischen Staatsangehörigkeit erfolgen konnte.
Integrationsforum 2023
Rund 60 haupt- und ehrenamtliche Integrationsakteure sowie weitere Interessierte begrüßte Landrätin Maria Rita Zinnecker und weitere Vertreter des Landratsamtes zum ersten Integrationsforum im Landratsamt Ostallgäu. Nach einer Präsentation mit aktuellen Informationen durch das Landratsamt hatten die Teilnehmenden Zeit für Vernetzung. Dazu tauschten sich die Besucherinnen und Besucher mit den Vertretenden der Diakonie Allgäu, von Donum Vitae, des Jobcenters Ostallgäu sowie einiger weiterer Akteure an den Informationsständen aus. Zuletzt wurde die Ausstellung „Auf der Flucht: Frauen und Migration“ begleitet durch die Kuratorin im Foyer des Landratsamtes eröffnet.
Ausstellung „Auf der Flucht: Frauen und Migration“
Im Rahmen des Integrationsforums wurde die Ausstellung „Auf der Flucht: Frauen und Migration“ im Foyer des Landratsamtes eröffnet. Kuratorin Claudia Schreck erläuterte den Entstehungsprozess und gab einen Einblick in das Leben der portraitierten Frauen. „Die Möglichkeit eine so eindrucksvolle Ausstellung hier bei uns im Landkreis ansehen zu können, werde ich gleich meinen Bekannten weitersagen. Die sollen einfach im Landratsamt vorbeischauen, wenn sie in Marktoberdorf sind, und sich die Ausstellung anschauen“, teilte eine Besucherin mit. Die Ausstellung war im Mai 2023 für rund zwei Wochen im Foyer zu sehen.
Aktionswochen „Frauen und Migration“
Das Integrationsforum bildete den Startschuss für die Aktionswochen „Frauen und Migration“, in denen im Mai 2023 im gesamten Landkreis Veranstaltungen zum Thema stattgefunden haben. Dabei hatten verschiedenen Kooperationspartnern unter anderem folgende Veranstaltungen angeboten:
- - Lesung „Mist, die versteht mich ja!“ von Florence Brokowski-Shekete mit dem Arbeitskreis Asyl
- - Film „Women“ in der filmburg Marktoberdorf
- - Internationales Frauencafé mit der Diakonie Allgäu – Flüchtlings- und Integrationsberatung
- - Internationaler Willkommenstreff für Familien im Familienstützpunkt Füssen
- - „Lasst uns tanzen – Frauen und Kinder tanzen rund um die Welt“ mit der Asylkoordinatorin der Stadt Buchloe und dem Familienstützpunkt Buchloe
- - Themennachmittag zum Thema „Berufseinstieg für Frauen“ mit der Caritas Flüchtlings-, Integrations – und Migrationsberatung und dem KJF Jugendmigrationsdienst
- - Vortrag zum Thema „Weibliche Genitalbeschneidung/FGM“ mit der Diakonie Allgäu – TAFF.
Insgesamt konnten bei 9 Veranstaltungen über 300 Teilnehmende verzeichnet werden.
Veranstaltungen für ehren- und hauptamtliche Integrationsakteure
Im Jahr 2023 fanden insgesamt 5 Veranstaltungen für ehren- und hauptamtliche Integrationsakteure statt. Hierzu zählen ein Workshop zum Thema „Zusammenleben in religiöser Vielfalt – Religion in der pädagogischen Arbeit“ mit der Islamberatung Bayern, ein Workshop zum Thema „Gespaltene Gesellschaft – Wie kann ein Miteinander gelingen“ mit einer Diplom-Pädagogin und ein Workshop speziell für Fachkräfte, die mit Familien arbeiten zur Thematik „Mit wenigen Worten – Partizipation für Kinder durch Unterstützte Kommunikation“ mit einer Referentin für Vielfalt und Inklusion/Heilpädagogin. Im Herbst 2023 wurde eine Lesung organisiert: Shole Pakravan und Steffi Niederzoll kamen mit ihrem Buch „Wie man ein Schmetterling wird". Das kurze, mutige Leben meiner Tochter Reyhaneh Jabbari“ im Oktober ins Ostallgäu. Anschließend wurde im November der Dokumentarfilm „Sieben Winter in Teheran“, der die Geschichte des Buchs zeigt, in der filmburg Marktoberdorf gespielt.
Veranstaltungen für zugewanderte Menschen
Speziell für zugewanderte Menschen fand im April 2023 eine Informationsveranstaltung zur Anerkennung ausländischer Qualifikationen mit dem Team der IQ-Anerkennungsberatung (Tür an Tür Integrationsprojekte gGmbH) statt. In Kooperation mit dem Freundeskreis Asyl Buchloe und dem Team des Wohnprojekts der Tür an Tür gGmbH konnte im Herbst ein zweitägiger Kurs zum Thema „In Miete wohnen – Was alles dazu gehört“ stattfinden. Des Weiteren wurden Veranstaltungen in Kooperation mit dem MiMi-Gesundheitsprojekt Bayern (Mit Migranten für Migranten) in Familienstützpunkten durchgeführt.
Vier Stammtische für Ehrenamtliche (Asyl/Integration)
Der Stammtisch für Ehrenamtliche im Bereich Asyl und Integration dient dem Austausch, der gegenseitigen Unterstützung und der Klärung von Fragen. Zum Jahresanfang fand ein Stammtisch gemeinsam mit Vertretern vom Jobcenter, Sozialamt und der Ausländerbehörde statt. Als Höhepunkt ist der Stammtisch im Juli im Gasthaus Hubertus in Apfeltrag zu nennen. Hier konnte bei einer Brotzeit ein gewinnbringender Austausch, auch mit dem Leiter der Ausländerbehörde, stattfinden. Dabei stand die Anerkennung der ehrenamtlichen Tätigkeit im Mittelpunkt. In der zweiten Jahreshälfte fand ein Stammtisch mit einem Vertreter der Caritas Flüchtlings- Integrations- und Migrationsberatung statt. Außerdem fand ein weiterer Stammtisch zum Jahresabschluss im Dezember statt, bei dem die Ehrenamtlichen als Dankeschön für ihr Engagement aus einer Auswahl an Büchern am Büchertisch der Buchhandlung Osiander ein Jahresabschlussgeschenk heraussuchen durften. Insgesamt wurden die Stammtische sehr gut angenommen.
Neuauflage Leitfaden Migration und Integration
Der Leitfaden "Migration und Integration" wurde für Integrationsakteure und Zugewanderte im Landkreises Ostallgäu in der 8. Auflage erstellt und enthält alle grundsätzlichen Informationen, gesetzlichen Regelungen und Kontaktadressen. Die gedruckte Broschüre wurde an alle Gemeinden und Beratungsstellen im Landkreis postalisch verschickt. Die Online-Version kann in der Integreat App und im Integrationsportal abgerufen werden.